Die Aufnahme von Potentialbildern mit dem elektrolytischen Trog
Mitteilungen aus dem Versuchslaboratorium der Julius Pintsch K.-G.
By F.W. Gundlach
Funktechnische Monatshefte April 1941 (pp. 49 – 54)
FTM
Eine große Zahl von konstruktiven Aufgaben der allgemeinen Elektrotechnik und der Hochfrequenztechnik erfordert die Ermittlung von elektrischen oder magnetischen Potentialfeldern. Beispielsweise muß man bei der Konstruktion von Gittern für Verstärkerröhren oder von Zylinderelektroden für Braunsche Röhren (CRT, KSR, AOB) oder von Isolatoren für die Hochspannungstechnik wissen wie sich das elektrische Potentialfeld zwischen den Elektroden ausbreitet; anderseits ist beispielsweise bei dem Entwurf von Eisenpolschuhen für Magnete oder von Ständern und Läufern für elektrische Maschinen der Verlauf des magnetischen Potentialfeld wissenswert. Wie man die Ermittlung von solchen Potentialfeldern in einfacher Weise experimentell durchführen kann, sollen die folgenden Betrachtungen zeigen.
Die Eigenschaften der Potentialfelder
Die Elektrotechnik kennt zwei Arten von Potentialfeldern, das elektrische Potentialfeld und das magnetische Potentialfeld. Die elektrische Potentialfelder zerfallen in zwei Gruppen, nämlich in die elektrischen Strömungsfelder, in denen sich Elektrizitätsträger (Ladungen) bewegen, und in die elektrostatischen Felder, in denen die Ladungen ruhen. Im magnetischen Potentialfeld können sich die Magnetismusträger nicht bewegen, es gibt also nur ein magnetostatisches Feld und kein magnetisches Strömungsfeld.
Die Eigenschaften der Potentialfelder lassen sich besonders gut beim elektrischen Strömungsfeld erkennen.
In Abbildung 1 stellen die beiden schraffierten Teile zwei Schneiden dar, die aus dem gut leitenden Metall (x = ∞) bestehen sollen, und die von außen eine Spannung u angelegt wird. Diese beiden Scheiden seien in einem Werkstoff mit geringerer elektrischer Leitfähigkeit eingebettet; es soll jedoch die Größe dieser Leitfähigkeit x überall konstant sein. Unter diesen Umständen breitet sich zwischen den beiden Schneiden eine elektrische Strömung aus, deren Richtung durch die gestrichelten Linien dargestellt ist. Die Strömungsdichte ist nun an den einzelnen Punkten keineswegs konstant; sie ist dort hoch, wo die gestrichelten Strömungslinien dicht zusammen laufen, also besonders an den Vorderkanten der Scheiden. An den Stellen hoher Stromdichte tritt einer hoher Spannungsabfall im leitenden Werkstoff auf. Verbindet man nun alle Punkte, die die gleiche Spannung haben, miteinander, so entstehen die in Abb. 1 glatt ausgezogen) Potentiallinien, die nun ebenfalls an den Vorderkanten der Schneiden besonders dicht nebeneinander liegen. Die Oberflächen der metallischen schneiden bilden auch Potentiallinien, weil auf ihnen das Potential konstant, nämlich gleich der Größe des Potentials an den beiden Klemmen der Spannungsquelle u ist. Jeder Potentiallinie im Feld ist die Größe des Potentials φ beigeschrieben, gemessen in Bruchteilen der Gesamtspannung u, vom Minuspol der Spannungsquelle aus gerechnet. Da die elektrische Strömung stets auf dem kürzesten Wege vom höheren zum niederen Potential verläuft, stehen die Strömungs- und Potentiallinien stets senkrecht aufeinander. Summiert man längs irgendeiner Potentiallinie alle hindurchtretenden Stromdichten, so muß die Summe stets gleich dem Gesamtstrom I sein, der durch die Zuleitungen von der Spannungsquelle zu den metallischen Schneiden fließt.
Abb. 2 zeigt ein Beispiel für ein elektrostatisches Feld. Es sind hier wiederum zwei metallische Schneiden angenommen, an die eine Spannung u angelegt ist; jedoch sei der Raum zwischen den Schneiden in diesem Falle von einem Isolator, im einfachsten Fall Luft, angefüllt. Es kann hier also kein Strom fließen, d.h. es bewegen sich keine elektrischen Ladungen durch den Raum und durch die Batteriezuleitungen; es haben sich lediglich beim ersten Einschalten der Spannungsquelle die beiden Schneiden genau wie die Platten eines Kondensators mit einer gewissen Ladungsmenge aufgeladen. Trotz des Fehlens eines Stromes bildet sich zwischen den Schneiden ein elektrischer Zustand aus, den man elektrostatisches Feld bezeichnet. Nachzuweisen ist dieses Feld beispielsweise dadurch, daß man eine kleine elektrische Ladung (z.B. ein an einem Seidenfaden hängendes Holundermarkkügelchen) in den Raum bringt; es wird dann auf die Ladung durch das Feld eine Kraftwirkung ausgeübt. Die Richtung die diese Kraft an jeder beliebigen Stelle des Raumes hat, wird durch die Richtung der gestrichelten Linien angegeben; diese Linien der Kraftrichtung werden als elektrische Feldlinien bezeichnet. Die Dichte der Feldlinien ist zugleich ein Maß für die Größe der Kraft; die kraft ist also an den vorderen Schneidekanten besonders groß. Außerdem muß jeder Punkt im Raume eine bestimmtes elektrisches Potential annehmen, das allerdings meßtechnisch im vorliegenden Fall verhältnismäßig schwer zu bestimmen ist. Wie groß das Potential in jedem Punkte ist, wird wieder durch die glatt ausgezogenen Potentiallinien dargestellt. Vergleicht man das elektrostatische Feld mit dem elektrischen Strömungsfeld nach Abb. 1, so stellt man fest, daß der Verlauf der Potentiallinien der gleiche ist, und daß außerdem elektrische Strömungslinien und Feldlinien miteinander übereinstimmen. In Übereinstimmung mit dem Strömungsfeld spricht man auch von einem elektrostatischen Fluß, wenn man längs einer Potentiallinie alle auf eine bestimmte Ladung ausgeübten Kraftwirkungen summiert. Trotzdem muß man sich klar darüber sein daß im elektrostatischen Feld kein Strom oder sonst ein Stoff vorhanden ist, der in Wirklichkeit fließen könnte. Übrigens entspricht die Größe des elektrostatischen Flusses der Größe der elektrischen Ladung Q, die sich auf den Schneiden befinden.
Ein magnetisches Feld (genauer gesagt: magnetostatisches Feld) ist in Abb. 3 dargestellt. Es sind hier wiederum zwei Schneiden vorhanden, die nunmehr aus einem magnetisch gut leitendem Werkstoff, also z.B. Weicheisen bestehen sollen (μ = ∞). An die Schneiden sind Schenkel aus weichem Eisen angesetzt, die in genügend großer Entfernung durch ein Querjoch geschlossen werden; auf diesem Querjoch befindet sich eine Wicklung von n Drahtwindungen, die von einem Strom I durchflossen werden. Dadurch wirkt die eine Schneide als Nordpol, die andere als Südpol eines magnetischen Feldes, wie man den im Raum sich ausbildenden magnetischen Zustand bezeichnet.
Bringt man eine kleine Magnetnadel in das Feld, so stellt sich an jedem Punkt in eine bestimmte Richtung ein, die durch die Richtung der gestrichelten Linien (magnetische Feldlinien) angegeben ist. Die Dichte der magnetischen Feldlinien ist ein Maß für die Kraft, die man anwenden muß, um die Magnetnadel aus ihrer eingenommenen Lage um einen bestimmten Betrag herauszudrehen. Auch hier lassen sich senkrecht zu den Feldlinien magnetische Potentiallinien einzeichnen. Die magnetische Spannung um, die das Feld erzeugt, ist die Amperewindungszahl n • I der auf dem Joch befindlichen Wicklung; entspricht die Potentiale der einzelnen Linien in Bruchteilen dieser magnetischen Spannung angegeben. Der Verlauf des Feldlinien- und Potentallinienbildes ist beim magnetostatischen Feld wiederum genau der gleiche wie in den beiden vorher behandelten Fällen. Man spricht auch hier wiederum von einem magnetischen Fluß, wenn man längs einer Potentiallinie alle auf die Magnetnadel ausgeübten Kraftwirkungen summiert. Der magnetische Fluß durchläuft – genau wie der Strom im elektrischen Strömungsfeld – einem vollkommenen Kreislauf von der einen Schneide durch den Luftraum zur anderen Schneide und durch Schenkel und Schlußjoch zur ersten Schneide zurück.
Die über die drei Feldarten ausgesagten Tatsachen bleiben erhalten, wenn die treibenden (elektrischen oder magnetischen) Spannungen keine Gleichspannungen, sondern Wechselspannungen sind. Der Verlauf der Potentiallinien bleibt unverändert, es schwankt lediglich die Höhe der längs der Linien vorhandenen Potentiale mit gleicher Frequenz und mit gleicher Phase wie die treibende Wechselspannung. Lediglich bei sehr hohen Frequenzen treten Abweichungen auf, weil schnell veränderliche elektrische Felder Magnetfelder und schnell veränderliche magnetische Felder elektrische Felder erzeugen können. Die dann entstehenden elektromagnetischen Wechselfelder, die beispielsweise für die Ausbreitung der Rundfunksendungen eine sehr wichtige Rolle spielen, sind keine Potentialfelder mehr; die Felddarstellung durch Potentiallinien (jedoch nicht die durch Feldlinien) hat dann ihren Sinn verloren. Ob eine bestimmtes Feldbild für eine gewisse Frequenz noch als Potentialfeld bezeichnet werden kann, ergibt sich aus einem Größenvergleich der Feldabmessungen mit der zur angelegten Frequenz gehörenden Wellenlänge. Wenn die Feldabmessungen noch in jeder Richtung klein gegen die Wellenlängen sind, so sind die Eigenschaften des Feldes stets durch Potentiallinien darstellbar, deren Verlauf nach dem anschließend beschriebenen Verfahren ermittelt werden kann.
Im übrigen finden sich Potentialfelder nicht nur in der Elektrotechnik, sondern überall in der Physik. Beispielsweise ist auch die Strömung der Wärme zwischen zwei Körpern von verschiedener Temperatur und in sehr vielen Fällen auch die Strömung von Flüssigkeiten durch ein Potentialfeld darstellbar.
Die Ermittlung von Potentialfeldern
Um für die Anwendung in der Elektrotechnik den Verlauf von Potentialbildern zu ermitteln, ergeben sich verschiedene Wege. Mit Hilfe der von Maxwell aufgestellten Theorie lassen sich grundsätzlich alle Potentiallinienbilder durch Rechnung ermitteln. Jedoch ist diese Berechnung in fast allen Fällen sehr umständlich und nur näherungsweise durchführbar. Dies ist auch nicht verwunderlich, wenn man bedenkt, daß man die Oberflächen der Feldelektroden (das sind in Abb.1 bis 3 die Schneiden) ganz beliebig gestallten kann und daß schon die Darstellung von beliebig gestalteten Flächen durch mathematische Gleichungen sehr schwierig ist.
Ein anderer Weg der Ermittlung der Potentialbilder liegt in der zeichnerischen Ermittlung. Dabei muß man die beiden Gesetze, das Feld- und Potentiallinien sich stets rechtwinklig schneiden und daß an den Potentialliniendichte herrscht, zu Hilfe nehmen; Feldlinien und Potentiallinien müssen deshalb Vierecke bilden, die der Form eines Quadrates möglichst nahekommen. Zeichnerisch verfährt man dann so, daß man die Formen der Elektroden aufzeichnet, gefühlsmaßig den Verlauf der Potentiallinien annimmt, dazu senkrecht die Feldlinien konstruiert und dann an den Stellen, wo die gebildeten Vierecke sehr stark von den Quadratform abweichen, Korrekturen im Potentiallinienverlauf vornimmt; zu den neuen Potentiallinien konstruiert man dann wieder die Feldlinien und wiederholt das Korrekturverfahren gegebenenfalls mehrere Male. Ein Beispiel für dieses Verfahren ist veranschaulicht Abb. 4.
Es ist hier das Potentialfeld zwischen zwei ebenen Platten von verschiedener Größe (stark ausgezogen) dargestellt. Mitten zwischen den Platten müssen die Potentiallinien parallel und in gleichen Abständen verlaufen. Das Streufeld an den Plattenkanten ist im oberen Bild gefühlsmaßig gezeichnet; aus der Konstruktion der gestrichelten Feldlinien erkennt man, daß der Verlauf der Potentiallinien von der Quadratform abweichen. Das untere Bild zeigtden Feldverlauf nach der Korrektur.
Der beste Weg zur Bestimmung von Potentialfeldern besteht in der experimentellen Aufnahme von Feld- oder Potentiallinien. In allen Fällen kann man sich die oben geschilderte Übereinstimmung zwischen elektrostatischem Feld, magnetostatischem Feld und elektrischem Strömungsfeld zunutze machen. So könnte man z.B. elektromagnetischen Ersatzmodell von gleicher Formgebung die Feldlinienverteilung beispielsweise mit der Methode der Eiselfeilspäne ermittelt. Wenn jedoch genaue Untersuchungen gefordert werden, so ist die modellmäßige Nachbildung durch ein elektrisches Strömungsfeld am vorteilhaftesten, und man wird deshalb die elektrostatischen und magnetostatischen Probleme durch Ersatzmodelle von Strömungsfeldern nachbilden. Die elektrische Strömung, in der die Potentialverteilung gemessen werden soll, läßt man zweckmäßigerweise durch eine Flüssigkeit hindurchtreten, einmal weil sie eine erheblich geringere Leitfähigkeit besitzt als die zur modellmäßigen Nachbildung eingesetzten Metallelektroden (vgl. oben), und weil man ferner bei der Ausmessung einen Meßdraht (Sonde) durch Eintauchen leicht an jede beliebige Stelle des Strömungsfeldes bringen kann. Man kommt auf diese Weise zur Form des elektrolytischen Troges, der zur exakten Aufnahme von Potentiallinien ein besonders brauchbares Hilfsmittel darstellt.
Der Aufbau des elektrolytischen Troges
Der grundsätzliche Aufbau ist in Abb. 5 dargestellt.
Es besteht aus einem mit Leitungswasser gefüllten Gefäß, in das beliebig gestaltete Elektroden (schraffiert) eingesetzt werden können; diese Elektroden werden an eine Wechselspannung (z.B. 1000 Hz, aus einem Tonsummer entnommen und über einen Transformator zugeführt) angeschlossen. Wenn es erforderlich ist, einer Elektrode eine gewisse Teilspannung von der gesamten zur Verfügung stehenden Spannung zu geben, so kann man dies mittels eines Spannungsteilerwiderstandes R leicht durchführen (von dieser Möglichkeit muß man beispielsweise Gebrauch machen bei de Potentialbildvermittlung in Verstärkerröhren, wo die Spannung von Kathode, Gitter und Anode verschieden sein werden). Die sich einstellende Potentialverteilung wird gemessen mittels einer Sonde So, die aus einer feien metallischen Spitze besteht. Taucht man diese Sonde an einer bestimmten Stelle in der Flüssigkeit, so muß sie die Potential dieses Punktes annehmen. Man kann jedoch dieses Potential nicht einfach mit Hilfe eines Wechselspannungsmessers bestimmen, weil durch das Instrument dem Strömungsfeld von gewisser Größe entzogen würde und dadurch die Potentialverteilung verzerrt würde. Die Potentialverteilung wird deshalb mit einem Kompensationsverfahren gemessen, bei dem im Augenblick der Messung kein Strom über die die Sonde abfließt. Zu diesem Zweck wird entsprechend Abb. 5 an die gesamte Wechselspannung ein Schleifdrahtgeschaltet, dessen Skala zweckmäßigerweise in Werten von 0 bis 100 geeicht ist; praktisch verwendet man dazu einen dünnen Widerstandsdraht von genau 1 m Länge, den man über einem Metermaßstab glatt ausspannt. Mittels des über den Draht gleitenden Schleifers S kann man dann jeden Bruchteil der gesamten Spannung genau meßbar einstellen. Zwischen Schleifer und Sonde schaltet den Eingang eines kleinen Verstärkers V, an dem ausgangsseitig ein Kopfhörer angeschlossen ist; unter Umständen kann man auch beim Arbeiten in ruhigen Räumen auf den Verstärker völlig verzichten und den Kopfhörer unmittelbar einschalten. Wenn man jetzt die Sonde an einem solchen Punkt bewegt, wo das gleiche Potential wie am Schleifer vorhanden ist, so muß der Ton im Kopfhörer verschwinden; somit kann man alle Punkte in der Flüssigkeit, die das gleiche Potential besitzen, aufsuchen und durch die Potentiallinien bestimmen. Umgekehrt kann man natürlich auch die Sonde an einem bestimmten Punkt festhalten und durch Verschieben des Schleifers auf verschwindenden Ton das Potential dieses Punktes ermitteln. Um ein vollständiges Verschwinden des Tones im Meßverstärker zu erreichen müssen auch noch etwa vorhandenen Phasenverschiebungen mittels der beiden Drehkondensatoren C1 und C2 ausgeglichen werden. Derartige Phasenverschiebungen sind bedingt durch unvermeidliche Schaltkapazitäten und sogenannte Polarisationskapazitäten in der Flüssigkeit. Die beiden veränderlichen Kondensatoren müssen einige tausend pF groß sein; man kann sie aus handelsüblichen Drehkondensatoren von 500 pF und einigen zuschaltbaren Blockkondensatoren leicht zusammenstellen.
Die genaue Messung wird so ausgeführt, daß man zunächst die Einstellung an Schleifdraht und Sonde derart vornimmt, daß der Ton möglichst leise wird; dann sucht man durch Einstellen der Kondensatoren die Tonstärke noch weiter herabzusetzen, stellt dann wieder die Sonde nach und wiederholt abwechselnd die Einstellungen bis der Ton vollkommen verschwunden ist. Dabei ist zu beachten, daß bei Verwendung einer obertonhaltigen Wechselspannungsquelle nur der Grundton verschwinden kann, während die Obertöne im allgemeinen nicht zu verschwinden brauchen; man hört dies sehr deutlich daran, daß beim richtigen Abgleich nur um eine Oktave höherer Ton vorhanden ist. Die zum Phasenabgleich dienenden Kondensatoren C1 und C2 brauchen nicht geeicht zu sein, da man ihre absolute Größe bei der Anwertung der Messung nicht zu wissen braucht; maßgeblich ist immer nur die Einstellung des Schleifers, an der man das gemessene Potential in Bruchteilen der an Schleifdraht und Elektroden liegenden Gesamtspannung genau ablesen kann.
Die Gestaltung der Meßmodelle
Wenn man Potentialverteilungen mit dem elektrolytischen Trog in der angegebenen Weise ermittelt, so ist zu bedenken, daß die für den Strömungsübergang vorhandene Flüssigkeit nicht beliebig weit ausgedehnt ist, sondern durch die Wände des Troges begrenzt wird. Diese Begrenzungen können unter Umständen erhebliche Verzerrungen der Potentialverteilung hervorrufen.
Abb. 6 zeigt oben links das Potentialfeld eines über einer ebenen Platte angespannten Drahtes; die Potentiallinien sind Kreise, und die Feldlinien, von denen nur eine gestrichelt eingezeichnet ist, ebenfalls. Oben rechts ist das Potentialbild der gleichen Anordnung, jedoch seitlich durch die beiden isolierten Trogwände begrenzt, dargestellt. Man erkennt, daß in diesem Fall die Potentiallinien sich zum großen Teil nicht mehr kreisförmig schließen, sonder senkrecht auf den Trogwänden einmünden. Entsprechend müssen die äußeren Feldlinien parallel zu den Trogwänden entlanglaufen. Das Potentialbild hat somit durch die Wände die Gestallt erhalten, als ob rechts und links seitlich außerhalb des Troges die gleichen Leiteranordnungen vorhanden wären, wie dies in Abb. 6 unten veranschaulicht ist. Der Einfluß der isolierten Trogwände laßt sich deshalb so darstellen, als ob die Wände die Leiteranordnungen spiegelten, wobei die Potentiale der Spiegelbilder die gleiche Größe und das gleiche Vorzeichen besitzen.
Man könnte nun diese Verhältnisse dadurch abzuändern versuchen, daß man die Trogwände aus einem metallisch leitenden Stoff herstellt. In einem solchen Fall münden entsprechend Abb. 7 oben die Feldlinien senkrecht auf die Trogwänden ein, während die am weitesten außen liegenden Potentiallinien parallel an den Wänden entlanglaufen.
Man kann auch hier wieder entsprechend Abb. 7 unten das entstandene Potentialbild durch eine Spiegelung an den Trogwänden darstellen; jedoch werden hier im Falle der metallischen Trogwände die Potentiale in gleicher Größe, aber mit entgegengesetzten Vorzeichen, gespiegelt. Die Spiegelung an leitenden oder isolierten Wänden kann also die Potentialmessung in vielen Fällen erheblich verfälschen.
Die Spiegelung an den Trogwänden kann aber in vielen Fällen für den Aufbau der Elektrodenmodelle von Vorteil sein.
Abb. 8 zeigt zwei Beispiele. In Abb. 8a sind zwei metallischen Leiter in einem trog mit isolierenden Wänden vorhanden. Genau wie die Seitenwände wirken auch der Trogboden und die Wasserüberfläche spiegelnd, die Leiter werden deshalb durch die Spiegelung in beiden Richtungen unendlich lang, d.h. die Potentialverteilung im Trog entspricht der zwischen zwei unendlich langen Leitern. Zur Ausmessung des Feldes braucht dann nur noch die Potentialverteilung an der Wasseroberfläche aufgenommen zu werden, da das Potential in Tiefenrichtung konstant bleibt. Um den Einfluß der Seitenwände auszuschalten, muß man den Trog genügend groß machen; dann rücken auch die Spiegelbilder weiter von der eigentlichen Leiteranordnung ab und verzerren das Feld weniger stark. Anders werden die Verhältnisse, wenn man etwa das Potentialfeld einer Reihe von parallel stehenden Gitterstäben aufnehmen will; hier sind die Spiegelbilder erwünscht, weil man dann nur sehr wenige Stäbe, unter Umständen sogar nur einem, modellmäßig nachzubilden braucht; dann muß man den Abstand zu den Wänden gerade so wählen, daß die Spiegelbilder den gewünschten Abstand vom eigentlichen Modell haben.
Abb. 8b zeigt die Hälfte eines Rotationskörpers (nach unten durch ein Isolierstück abgestützt), dessen Rotationsachse mit dem Wasserspiegel zusammenfällt. Hier wird der Körper an dere Wasseroberfläche derart gespiegelt, daß das entstehende Potentialbild demjenigen eines vollen Rotationskörpers entspricht. Die Potentialverteilung braucht wieder nur an der Oberfläche aufgenommen zu werden, da ja auch der Potentialverlauf überall rotationssymmetrisch sein muß.
Die Fällen in denen die Potentialverteilung nur an der Wasseroberfläche bestimmt zu werden braucht, vereinfachen die Versuchsbedingungen sehr; man verwendet als Sonde dann einen kleinen Draht, der ein bestimmtes kurzes Stück in die Wasserfläche eintaucht. Um die Potentialverteilung vom Trog auf ein Zeichenblatt zu übertragen, kann man (sofern die Abmessungen des Troges nicht allzu groß sind) einen Storchschnabel verwenden wie Abb. 9 veranschaulicht.
Der eine Schenkel des Storchschnabels trägt die Sonde, der andere einen Zeichenstift, mit dem die Meßpunkte auf das Zeichenblatt übertragen werden; statt des Zeichenstiftes kann man auch eine Zirkelspitze einsetzen und die Meßpunkte auf dem Zeichenblatt einstechen. Bei sehr großen Trogabmessungen wird man zur Übertragung auf das Zeichenpapier eine Parallelausführung verwenden, weil dann die Abmessungen des Storchschnabels ein unerträgliches Maß annehmen. Eine andere Ausführungsmöglichkeit besteht darin, daß man auf den Halter der Sonde eine kleine Lampe mit einer Optik aufbaut, die einen feinen Lichtstrahl senkrecht nach oben sendet; oberhalb des Troges wird dann eine Glasplatte angeordnet, auf die ein transparenter Zeichenbogen aufgelegt wird; auf diesem markiert der Lichtstrahl die Stellung der Sonde.
Die Gestaltung der Sonde
Bei der Formgebung der Sonde muß man gewisse Vorsichtsmaßregeln beachten, um größere Meßfehler zu vermeiden. Wenn man Potentialmessungen an der Wasseroberfläche ausführt, so darf der Sondendraht keinen großen Durchmesser besitzen. Sonst entstehen Meßfehler, die Abb. 10 veranschaulicht.
Der Durchmesser der Sonde ist hier gestrichelt angedeutet. Beim anlegen der Sonde an die rechte oder linke Seitenplatte mißt man infolge des metallischen Kontaktes bereits das Potential der Metallplatte und nimmt bei Übertragung auf den Zeichenbogen die Sondemitte als Stelle diese Potentiales an. Befindet sich die Sonde gerade in der Mitte des auszumessenden Feldes, so wird die Potentiallinie an der richtigen Stelle auf den Zeichenbogen übertragen. Durch diesen Umstand erscheinen in der Messung auf dem Zeichenbogen die Potentiallinien zu den beiden Randplatten hin in engerem Abstand als in der Mitte des Feldes. Derartige Meßfehler lassen sich durch genügend dünne Sondendrähte leicht vermeiden. Beispielsweise erwies sich ein Wolframdraht (= tungsten wire, AOB) von 0,05 mm Durchmesser als gut brauchbar.
Wenn die Modelle derart gestaltet sind, daß man mit einer Potentialmessung an der Oberfläche nicht auskommt, sondern die Potentialverteilung auch in der Tiefe bestimmen muß, so muß die tief eintauchende Sonde mit Ausnahme ihrer äußersten Spitze isoliert werden. Zweckmäßig ist es, einen dünnen Draht in eine Glaskapillare einzuschmeltzen, so daß nur ein solchen Anordnung muß man sich stets darüber im klaren sein, daß die Anwesenheit der Glaskapillare das Potentialfeld etwas verzerrt, weil die leitende Flüssigkeit verdrängt und durch einen Nichtleiter ersetzt wird. Deshalb muß die Glaskapillare so dünn als irgend möglich sein.
Beispiel für eine Potentialmessung
Abb. 11a zeigt den Querschnitt durch eine Dreipolröhre (= triode, AOB), die aus der Kathode K, dem Gitter G, und der Anode A besteht. Die Anordnung läßt es zu, das Modell so auf zu bauen, daß man die Potentialverteilung nur an der Wasseroberfläche zu messen braucht. Durch Ausnützung der Gesetze der Spiegelung erhält das Modell die einfache Form nach Abb. 11b; es wird nur ein Sektor ausgeführt, der einen einzigen Gitterstab enthält, und an beiden Seiten durch zwei isolierende Glasplatten begrenzt wird. Infolge der Spiegelung ist die sich einstellende Potentialverteilung genau ebenso, als ob der vollständige Querschnitt der Röhre vorhanden wäre. Ein Meßergebnis an diesem Modell zeigt Abb. 11c. Die Röhre ist dabei in der sogenannten Bremsfeldschaltung betrieben, d.h. das \Gitter hat eine positive, die Anode eine negative Spannung gegen die Kathode. Die Größe der Potentiale, die den einzelnen Linien beigeschrieben sind, werden durch die eingestellte Schleifdrahtlänge angegeben; um auf die im Betrieb an der Röhre liegenden Spannungen zu kommen, macht man sich das Gesetz zunutze, das die Potentialverteilung unverändert bleibt, wenn die Werte mit einer bestimmten Zahl multipliziert oder um einen bestimmten Betrag vermehrt oder vermindert werden.
Schrifttum
Brüche und Scherzer, Geometrische Elektronenoptik, Berlin 1934. S. 73 ff.: dort auch eine große Reiheweitere Schrifttumsangaben.
G. Hepp, Potentialmessungen mit Hilfe elektrolytischen Troges, Philips Techn. Rundschau 4 (1939) S. 235
J. Himpan, Eine neue Ausführung des elektrolytischen Troges zur Aufnahme von Potentialfeldern, Telefunkenröhre H.16 (1939) S. 198
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